Covid-19

Das 4.COVID-19-Gesetz hat am 04.04.2020 hat den Bundesrat passiert und wird voraussichtlich am 06.04.2020 in Kraft treten.
 

1. "Fristenmoratorium" des 2. COVID-19-Gesetzes umfasst keine Fristen im Verfahren vor dem Patentamt

Im Rahmen des 2. COVID-19-Gesetzes (BGBl. I. Nr. 16/2020), das am 22.03.2020 in Kraft getreten ist, wurden unter anderem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz (1. COVID-19-JuBG) und das Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz (COVID-19-VwBG) erlassen, mit denen angeordnet wurde, dass aufgrund der Auswirkungen der Einschränkungen des öffentlichen Lebens infolge der derzeitigen "Corona-Krise"

  • alle verfahrensrechtlichen Fristen in gerichtlichen Verfahren, und
  • alle Fristen in anhängigen verwaltungsbehördlichen Verfahren, auf welche das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), das Verwaltungsstrafgesetz (VStG) oder das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) anzuwenden sind,

bis zum 30.04.2020 unterbrochen sind, wenn die jeweilige Frist am 22.03.2020 noch nicht abgelaufen ist oder nach dem 22.03.2020 ausgelöst wird.

Das derart gewährte gesetzliche „Fristenmoratorium“ erfasste allerdings keine Fristen in Verfahren vor dem Österreichischen Patentamt in Patent-, Gebrauchsmuster-, Schutzzertifikats-, Marken-, Geschmacksmuster- und Halbleiterschutzsachen sowie in Angelegenheiten des Sortenschutzes.

Die gemäß dem 1. COVID-19-JuBG angeordnete allgemeine Fristenunterbrechung griff nicht, weil es sich bei patentamtlichen Verfahren nicht um „gerichtliche Verfahren“, sondern um Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde handelt. Da auf diese Verfahren jedoch – kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (Art I Abs 3 Z 1a EGVG) – die Verwaltungsverfahrensgesetze aber nicht anzuwenden sind, war auch die Anwendbarkeit des mit dem COVID-19-VwBG geregelten "Fristenmoratoriums" nicht einschlägig.
 

2. "Fristenmoratorium" des 4. COVID-19-Gesetzes

Diese Lücke wurde nun durch das im Rahmen des 4. COVID-19-Gesetzes erlassene "Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes" (COVID-19-GewRS-BG) geschlossen. Mit diesem Gesetz wurde der Fortlauf grundsätzlich aller gesetzlichen verfahrensrechtlichen sowie materiellrechtlichen Fristen nach dem PatG gehemmt, insbesondere auch der Fristen für

  • die Erhebung eines Einspruchs gemäß § 102 Abs 1 PatG,
  • die Erhebung eines Widerspruchs gemäß § 29a Abs 1 MSchG,
  • die Einreichung eines Aberkennungsantrages gemäß § 49 Abs 3 PatG,
  • die Inanspruchnahme der Priorität gemäß §§ 93a f PatG bzw § 24 Abs 2 MSchG
  • zur Teilung einer Patentanmeldung,
  • zur Vorlage einer deutschsprachigen Übersetzung zu einem europäischen Patent sowie
  • für eine Abzweigung einer Gebrauchsmusteranmeldung.

Infolge der gesetzlich normierten Fortlaufshemmung bleibt der Zeitraum zwischen 16.03.2020 und 30.04.2020 für die vom COVID-19-GewRS-BG erfassten Fristen unberücksichtigt. Dh, eine Frist, deren Ablauf in diesen Zeitraum fallen würde, wird rückwirkend mit 16.03.2020 angehalten und läuft erst mit 30.04.2020 weiter.

Nicht betroffen von dieser Regelung sind die behördlichen Fristen, i.e. jene Fristen, die vom Patentamt selbst nach freiem oder gebundenen Ermessen gesetzt werden dürfen (s. unten), die Rechtsmittelfristen, für die ein eigenes Fristenregime gilt (s. unten), sowie Fristen, die im EU-Recht geregelt sind (wie zB die sechsmonatige Frist zur Einreichung eines Schutzzertifikats gem Art 7 Abs 2 SZ-VO).

Bemerkenswert ist auch, dass die Fristen für die Entrichtung von Gebühren nach dem Patentamts-Gebührengesetz (PAG), insbesondere auch die sechsmonatigen Nachfristen für die Zahlung von Jahres- und Erneuerungsgebühren, nicht vom COVID-19-GewRS-BG erfasst sind. Dies Bedeutet: Für Jahresgebührenzahlungen für Patente oder Gebrauchsmuster sowie Zahlungen von Erneuerungsgebühren für Marken oder Mustern gibt es keine Änderungen in der Corona-Krise.
 

3. Maßnahmen des Patentamts

Hinsichtlich Fristen, die das Österreichische Patentamt selbst frei oder nach gebundenem Ermessen festsetzen darf, hat das Amt im Verordnungsweg eine Regelung getroffen. Mit der Patentamts-COVID-19-Verordnung vom 26.03.2020 (PBl 2020/S1) wird festgelegt, dass alle behördlichen Fristen,

  • deren Lauf nach dem 16.03.2020 beginnt, oder
  • die im Zeitraum zwischen 16.03.2020 und 30.04.2020 ablaufen,

unterbrochen werden und mit 01.05.2020 neu zu laufen beginnen.

Verordnung der Präsidentin des Patentamts

Information des Österreichischen Patentamts

Die Patentamts-COVID-19-Verordnung, die zeitweilig Vorrang gegenüber der PAV genießt, betrifft im Wesentlichen

  • Fristen, die zur Stellungnahme auf Bescheide oder Beanstandungen gesetzt werden, und
  • Fristen zur Erstattung einer Gegenschrift in Einspruchs-, Widerspruchs-, Nichtigkeits- und Löschungsverfahren.
     

4. Fristen für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Patentamts

Die Verfahren über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Österreichischen Patentamts richten sich nach den Bestimmungen des AußStrG bzw der ZPO, werden vor ordentlichen Gerichten (OLG Wien und OGH) geführt, und sind demnach als "gerichtliche Verfahren" im Sinne des 1. COVID-19-JuBG zu qualifizieren. Fristen für Rekurse, Berufungen, Revisionsrekurse und Revisionen gemäß den §§ 138 ff PatG (bzw den auf diese verweisenden Bestimmungen im Markenschutzgesetz, Gebrauchsmustergesetz oder Musterschutzgesetz), die am 22.03.2020 noch nicht abgelaufen ist oder nach dem 22.03.2020 ausgelöst werden (bzw bereits wurden), sind daher bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen und beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen.
 

5. Keine physische Einbringung von Schriftstücken beim Patentamt

Seit 27.03.2020 nimmt die Eingangsstelle des Patentamts keine persönlich überreichten Schriftstücke mehr entgegen, wie dies auch auf der Homepage des Patentamts angekündigt wurde. Die Eingangsstelle ist für den Parteienverkehr geschlossen, ebenso können Eingaben nicht mehr in Einwurfkasten eingeworfen werden. Eingaben per Post sind zwar möglich, werden aber derzeit nicht bearbeitet. Elektronische Eingaben werden entgegengenommen und behandelt.
 

Michael Stadler / Alexander Koller

(aktualisiert am 04.04.2020)